In diesem Artikel stelle ich einige Möglichkeiten vor, denn es gibt sicherlich mehr, als du denkst. Denn auch Verhütungsmittel können zusätzlich das Körperbewusstsein stärken und, die Aufgabe der Verhütung auf mehrere Schultern verteilen, weil einfach für alle was dabei ist.
Häufig sind Menschen mit Uterus, auch für die Verhütung verantwortlich. Aber Verhütung geht alle an. Und wenn zwei Menschen Sex haben wollen, dann sollte nicht nur darüber gesprochen werden, was wer, wie, gut findet, sondern auch darüber, wie potenzielle Schwangerschaften verhütet werden. So eine gemeinsame Verhütung und damit geteilte Verantwortung ist übrigens ziemlich sexy und kann obendrein die Beziehung stärken.
Verhüten mit Temperatur oder NFP Natürliche Familienplanung
Beginnen möchte ich mit meinem persönlichen Favoriten: der NFP. Dieses Akronym steht für Natürliche Familienplanung. Im Speziellen bespreche ich hier die symptothermale Methode zur Verhütung. Dabei unterscheide ich in NFP nach Sensiplan und NFP mit Zyklustools.
Grundlage hierfür ist zum einen die Beobachtung der Basaltemperatur. Das ist die Körpertemperatur direkt nach dem Schlafen, beim Aufwachen, aber vor dem Aufstehen. Mit Hilfe der Basaltemperatur kann nachgewiesen werden, ob ein Eisprung stattgefunden hat. Denn nach diesem steigt die Körpertemperatur um mind. 0,2°C an und bleibt bis zur Menstruation erhöht. Der Zyklus besteht also aus zwei Phasen: Einer Tieflage (Temperatur niedrig) und einer Hochlage (Temperatur hoch).
Zum anderen zeigen sich im Verlauf des Zyklus verschiedene weitere Fruchtbarkeitszeichen: der Zervixschleim verändert seine Konsistenz, der Muttermund seine Stellung und Öffnung, die Brust spannt, es gibt einen Mittelschmerz oder die Libido nimmt zu.
Den Eisprung selbst kann man nicht auf einen genauen Zeitpunkt festlegen. Daher nimmt man sechs fruchtbare Tage im Zyklus an: fünf Tage überleben Spermien im Körper und einen Tag rechnet man für die Eizelle.
Bei der symptothermalen Methode werden dann, wie der Name schon sagt, die Körpersymptome mit der Temperatur zusammen beobachtet und ausgewertet. Durch diese Kombination wird die Methode sehr sicher.
Unser Körper zeigt uns also sehr genau, wann er fruchtbar ist und wann nicht. Das hat den Vorteil, dass du in der unfruchtbaren Zeit sogar ungeschützten Verkehr haben kannst, wenn du das möchtest. Außerdem lernst du Körper und Zyklus besser kennen und verstehen. Und das ist meiner Meinung nach einfach richtig krasses Empowerment.
NFP nach Sensiplan
Die Arbeitsgruppe NFP der Malteser gibt es bereits seit 1981. Die AG NFP wird und wurde bis zum heutigen Tage kontinuierlich wissenschaftlich begleitet. Aktuell durch die Universität Heidelberg. Es gibt also gründlich durchgeführte und repräsentative Studien, die die Sicherheit belegen und helfen, die Methode weiterzuentwickeln.
Bei NFP nach Sensiplan wird auf einem Zyklusblatt die Beobachtung und Auswertung der Temperatur und Körpersymptome vorgenommen. Dazu ist eine gründliche Einarbeitung in das Regelwerk zur Beobachtung und Auswertung von Zervixschleim, Temperatur und für verschiedene Lebenssituationen (nach der Pille, in der Stillzeit, in den Wechseljahren) notwendig. Die Temperatur wird mit einem Basalthermometer gemessen.
Eine Alternative zu Sensiplan ist die NER (Natürliche Empfängnisregelung nach Rötzer).
NFP mit Zyklustools
NFP lässt sich nicht nur manuell tracken, sondern Dank fortschrittlicher Technologie, gibt es heutzutage verschiedene Apps und Tools. Die Auswertung der Körpersymptome wird dabei von einem Algorithmus übernommen. Sie erfolgt daher, je nach Programmierung, immer ein wenig anders. Häufig gibt es zur App noch ein passendes Thermometer, das per Bluetooth direkt die Daten überträgt.
Es gibt Tools, die nur die Temperatur auswerten und es gibt Tools, die beides auswerten, Symptome und Temperatur, also symptothermal. Vorraussetzung sollte jedoch immer sein, dass Anwender*innen Zykluswissen mitbringen, denn der Kopf muss bei diesen Auswertungen immer mitdenken. Ich empfehle hier auf jeden Fall immer die symptothermale Auswertung.
Gut geeignete Tools bzw Apps können sein:
- die Daysy (wertet nur die Temperatur aus, der Zervixschleim kann in der App dokumentiert & selbst ausgewertet werden)
- der mySense von cyclotest
- die App ‘myNFP’
Kupfer Verhütung (Intrauterinpessare)
Dabei handelt es sich um eine Spirale (sieht aus wie ein kleines T, geformt aus Metall), eine Kette oder einen Ring bzw. Ball aus Kupfer und teilweise Gold, deren Ionen Spermien abtöten und eine Befruchtung verhindern. Sie werden in die Gebärmutter eingesetzt. Das dauert nicht lange und ist verhältnismäßig schmerzarm.
Lange hielten sich die Vermutungen, Kupfer würde dauerhafte Gebärmutter- oder Eileiterentzündungen hervorrufen. Doch das gehört der Vergangenheit an. Wichtig ist, dass die Spirale korrekt ausgemessen wird, denn es gibt, wie generell bei Verhütung, nicht das eine Modell für alle.
Auch dies ist eine sehr sichere und verbreitete Verhütungsmethode. Mit Kupfer hast du für mehrere Jahre Ruhe, da sie über einen langen Zeitraum im Körper bleibt.
Barrieremethoden wie Kondom, Diaphragma, Caya, Portiokappe uvm.
Wie es der Name schon sagt, handelt es sich hier um Methoden, die eine Barriere erzeugen. Samen- und Eizelle finden nicht zueinander, was eine Befruchtung unmöglich macht. Die Funktionsweise des Kondoms ist bekannt, es fängt das Sperma nach der Ejakulation auf. Das gilt sowohl für das Kondom, das über dem Penis getragen wird, als auch für das Femidom, das quasi die Vagina von innen auskleidet.
Beide schützen ebenfalls vor sexuell übertragbaten Krankheiten, Stichwort: Safer sex. Sie sind leider auch das einzig wirksame Mittel gegen STIs. Hier ist es wichtig, auf einen guten Sitz des Kondoms zu achten und es in der richtigen Größe zu tragen (ist hormonfreie Verhütung nicht einfach super individuell?).
Die übrigen Methoden, wie zum Beispiel das Diaphragma oder die Portiokappe, werden innen in der Vagina getragen und dichten dort den Muttermund ab. Sie werden vor dem Sex eingesetzt und danach noch einige Zeit weitergetragen, bevor sie wieder entfernt werden. So wird sichergestellt, dass keine Spermien zum Muttermund gelangen. Das erfordert zunächst ein wenig Übung, geht aber irgendwann ganz easy.
Einige, wie beispielsweise das Caya, gibt es nur in einer Größe, alle anderen sollten individuell angepasst werden, damit alles richtig sitzt. Der oder die Gyn sowie Beratungsstellen wie beispielsweise pro familia können das Ausmessen übernehmen. Es ist wichtig zu beachten, dass sich der Muttermund durch OPs oder Geburten verändern kann, ggf. also lieber später nochmal checken lassen.
Sterilisation
In Europa sind Sterilisationen selten vorn mit dabei und die Zahlen unterscheiden sich von Land zu Land. Dabei ist dies eine sehr sichere und langfristige Verhütungsmethode. Es gibt entweder den Verschluss der Samenleiter (Vasektomie) oder der Eileiter (Tubensterilisation), je nachdem, was anatomisch angebracht ist. Das sind in der Regel kleinere operative Eingriffe.
Der Samenleiter wird durchtrennt, der Eileiter verödet. Im Prinzip ist dies auch eine Art Barriere, nur eben innerlich. Die Samenzellen und Eizellen kommen somit nicht raus. Die Eizellen werden übrigens über den sog. Douglasraum ‚abtransportiert‘ und verbleiben nicht im Körper nach dem Eisprung. Die Vasektomie kann, genau wie die Tubensterilisation auch, rückgängig gemacht werden.
Das Entnehmen von Hoden oder Gebärmüttern zählt beim Menschen nicht zu einer gängigen Verhütungsmethode, es sei denn, vorliegende Krankheiten machen einen solchen Eingriff notwendig.
Weitere Methoden
Der Vollständigkeit halber, möchte ich noch folgende, allerdings in meiner Erfahrung und Meinung, eher unsicheren oder aber noch neue Methoden erwähnen, die es gibt: Spermizide und Spermiostatika, Coitus Interruptus, die Verhütung mit Pflanzen oder auch die thermische Hodenerwärmung.
Wie du siehst, hat die hormonfreie Verhütung einiges zu bieten. Dabei kann ganz individuell geschaut werden, was zum jeweiligen Mensch und Körper passt. Ich finde es super, dass Hormone nicht mehr das erste Mittel der Wahl sein müssen und sich die natürliche Verhütung immer weiterentwickelt.
Wie du siehst, hat die hormonfreie Verhütung einiges zu bieten. Dabei kann ganz individuell geschaut werden, was zum jeweiligen Mensch und Körper passt. Ich finde es super, dass Hormone nicht mehr das erste Mittel der Wahl sein müssen und sich die natürliche Verhütung immer weiterentwickelt.
Quellen
Arbeitsgruppe NFP. Was ist Sensiplan? 2022 [zuletzt aufgerufen am 07.12.22] Verfügbar unter: https://www.sensiplan.de/de/was-ist-sensiplan
Raith-Paula; Frank-Herrmann, Freundl & Strowitzki (2013). Natürliche Familienplanung heute. 5. Auflage. Springer Verlag.
Struck, D. (2015). Verhüten ohne Hormone – Alternativen zu Pille &Co. Stadelmann Verlag.
Deutsche Aidshilfe. Femidome schützen. [zuletzt aufgerufen am 07.12.22] Verfügbar unter: https://www.aidshilfe.de/femidome-schuetzen
myNFP (2022). Basaltemperatur messen & Temperaturkurve auswerten. [zuletzt aufgerufen am 07.12.22] Verfügbar unter: https://www.mynfp.de/temperatur-auswerten
Wallenfels, M. (2018). So verhüten die Frauen weltweit. [zuletzt aufgerufen am 09.12.22] Verfügbar unter: https://www.aerztezeitung.de/Politik/So-verhueten-die-Frauen-weltweit-227526.html