Sex & Race

Wenn es um sexuelle Präferenzen geht, gibt es für die meisten Menschen bestimmte Merkmale, die ihnen besonders gut gefallen. Doch wo hört eine Vorliebe auf und die Fetischisierung beginnt? (Triggerwarnung: Rassismus, sexualisierte rassistische Gewalt).

Es gibt bestimmte “Komplimente”, die man als Schwarze Frau beim Daten oft, aber sehr ungern, hört. Die Betonung, wie neu und aufregend das Date allein schon aufgrund meiner Hautfarbe sei (“Ich hatte noch nie was mit einer Schwarzen.”), die Fetischisierung bestimmter Körperpartien (“Ich liebe deine dicken Lippen.”) oder die Erwartung ich hätte eine übermäßig starke Libido – hinter all dem versteckt sich Rassismus.

Die Verbindung zwischen Sex, Race & Porno

Sex und race, also die willkürliche Unterscheidung von Menschen nach Hautfarbe, Religion und/oder ethnischer Herkunft, sind komplex miteinander verknüpfte Themen. So wurde z.B. der Mythos, sie seien hypersexuell und animalisch, zu Zeiten der Sklaverei als Rechtfertigung für die sexuelle Nötigung und Ausbeutung Schwarzer Frauen genutzt. Auch heute werden stark rassistische Darstellungen in der Pornoindustrie weiterhin reproduziert. Frappant dabei ist, dass Dinge, die in Film, Nachrichten oder Social Media absolut inakzeptabel wären, im Pornobusiness weitgehend toleriert werden. 

Rassistische Porno-Stereotypen

Die Fetischisierung von race im Porno zeigt sich einerseits in Form von rassistischen Stereotypen: Der potente Schwarze gewalttätige Mann, die mädchenhafte devote asiatische Frau, die hypersexuelle Schwarze Prostituierte. Es ist kein Geheimnis in der Branche, dass Darsteller*innen of Color klassischerweise für diese Rollen gecasted werden, auch wenn sie sich nicht damit identifizieren. Diese Darstellungen tragen maßgeblich zu im Alltag erlebten Fetischisierungen von BIPoC (Abkürzung für Black, Indigenous and People of Color), wie anfangs beschrieben, bei. Darüber hinaus findet eine Sexualisierung von Narrativen statt:  In “Border Patrol”-Pornos werden junge Frauen aus Zentralamerika bei ihrer illegalen Einreise in die USA von Grenzbeamten verhaftet, vergewaltigt und in ihre Herkunftsländer abgeschoben. Die hohe Nachfrage nach diesen Darstellungen ist erschreckend, vor allem wenn man bedenkt, dass sie für unzählige Migrant*innen eine harte Realität darstellen. 

Wer schon mal von Stuck– oder Santa Claus-Pornos gehört hat, weiß: Porno sexualisiert ALLES, ob man nun will oder nicht. Allerdings werden Schwarze Frauen und Frauen of Color durch intersektionale Diskriminierung besonders stark entmenschlicht. Dies zeigt sich z.B. in Gonzo (low budget Mainstream Produktionen)  Porno-Begriffen wie Black Ghetto Freaks, die auf klassistischer (Ghetto), rassistischer (Black) und sexistischer/hypersexualisierender (Freaks) Ebene diskriminierend wirken. 

Desire, Othering & Exotisierung

Allein die Existenz von Pornokategorien wie “Ebony”, “BBC/Big Black Cock” oder “Asian” zeigt, dass allein die race der Darsteller*innen schon fetischisiert wird. In Kategorien wie “interracial” zeigt sich zudem die Tabuisierung von sexuellen Kontakten zwischen Menschen unterschiedlicher Hautfarben – ein Konstrukt aus längst vergangen geglaubten Zeiten. 

Die hohe Nachfrage nach rassistischen Darstellungen in Pornos ist also kaum zu übersehen. Doch woher kommt dieses Bedürfnis? Eine gerne genannte Rechtfertigung der Mainstream-Pornoindustrie ist, dass sie eben nur Fantasien erfülle. Solange die Darsteller*innen volljährig und einverstanden sind, soll dabei im Porno auch alles erlaubt sein, was im “normalen” Leben tabuisiert wird und der Fantasie damit freien Lauf gelassen werden. So weit, so gut. 

Ein anderer Blickwinkel auf das Thema Sex & race ist das Konstrukt des tief in der weißen Gesellschaft verwurzelten Desire, also Verlangen, nach nicht-weißen Körpern. Dieses steht in einem stark ambivalenten Verhältnis zu deren Abwertung und Entmenschlichung durch rassistische Ideologien. Schwarze Menschen und People of Color  werden als das “Andere” im Gegensatz zum Weißsein konstruiert und repräsentieren damit etwas Fremdes, was wiederum durch seine Andersartigkeit begehrenswert wird. Der Prozess des “anders” machens nennt sich “Othering”. Die schon beschriebene Darstellung von BIPoC als festgeschriebene Stereotype erfüllt dabei die Funktion, deren Verhalten vorhersagbar und somit das “Fremde” für die weiße Perspektive vertraut und kontrollierbar zu machen.  Zudem werden BIPoC auf zugeschriebene “exotische” Eigenschaften wie Leidenschaftlichkeit, Lebensfreude oder Potenz reduziert, die mit einer Nähe zur Natur, also zum Tierreich und nicht typischerweise mit dem Weißsein assoziiert werden. Dies führt zu einer weiteren Entmenschlichung und Objektifizierung nicht-weißer Menschen. 

Rassistische Fetischisierung basiert also auf dem Widerspruch zwischen Dämonisierung und Vergötterung der “Anderen”.  

Fetischisiere ich?

Einen “Typ” zu haben, in Bezug auf das, was als attraktiv empfunden wird, kennen wir sicher fast alle. Daran ist per se auch nichts falsch oder problematisch. Es ist allerdings eine gute Übung sich zu fragen, worin diese Vorlieben begründet sein könnten und warum man bestimmte Menschen nie dated. Welche Erwartungen habe ich an eine Person aufgrund ihres Aussehens? Lassen sich diese Erwartungen wirklich begründen? 

Wichtig ist und bleibt, Menschen in ihrer Verschiedenheit hinter ihrem äußeren Erscheinungsbild wahrzunehmen und eigene Tendenzen immer wieder zu hinterfragen. 

Porno ist Sex Education

Vor dem Hintergrund, dass viele Jugendliche ihren ersten Porno mit durchschnittlich 14 Jahren gucken, ist es besonders bedenklich welche Vorstellungen und Bilder in Mainstream Pornos transportiert werden. Junge Menschen konsumieren Sex online, oft schon lange bevor sie selbst sexuell aktiv sind. Pornos formen also maßgeblich ihre Vorstellung, wie Sex sein sollte. Besonders deshalb ist es wichtig, die Pornoindustrie zur Verantwortung zu ziehen, wenn es um die Verbreitung diskriminierender und gewaltvoller, nicht-einvernehmlicher Inhalte geht. Wir bei CHEEX verstehen Pornographie als Teil der sexuellen Erfahrung und achten bei den von uns ausgewählten Filmen auf eine respektvolle und nachhaltige Darstellung sexueller Lust – damit das Zusehen für alle schön ist.

SexSchool picture by Natalia Zajacikova

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