In all meinen Beziehungen habe ich bisher das Thema Pornos angesprochen. Schlicht und einfach aus Neugierde: Wie oft werden Pornos geguckt? Welche Art von Pornos? Warum? Da Pornographie für mich immer schon entkoppelt von meinem eigenen Sexleben war, fühle ich mich weder durch meinen eigenen noch durch den Pornografie-Konsum meiner Partner bedroht. Und dennoch ist es nicht immer leicht die „Porno-Diskussion“ zu führen. Trotz unserer weitestgehend aufgeklärten westlichen Gesellschaft hat das Thema weiterhin einen verbotenen Charakter. Warum es nicht ganz einfach ist in (vornehmlich heterosexuellen) Partnerschaften über Pornografie zu sprechen, habe ich gemeinsam mit meinem Partner versucht herauszufinden.
Erlernte Scham
Die meisten Männer, mit denen ich mich über das Thema unterhalten habe, möchten ihre Partnerin nicht mit den Filmchen, die sie sich seit ihrer Jugend irgendwo im Internet ansehen, assoziieren. Der liebevolle, schöne, harte, zarte Sex, den sie mit ihrer Partnerin haben (möchten), hat nichts zu tun mit ihrem eigenen schmutzigen Verhalten, dass sie gelernt haben hinter verschlossenen Türen auszuleben. Ein Verhalten, dass nicht auf ein gemeinsames Erleben abzielt, sondern auf eine zielorientierte, kurze, private Erleichterung. Im Jugendalter wurde das Zimmer abgeschlossen, um sich dann heimlich einer anderen Welt zu bedienen, die dreckig war, schmutzig und verboten. Dieser Umgang hält bei vielen Menschen noch bis heute an.
Und die wenigsten möchten ihrer Partner*in gerne erzählen: „Ich komme nur, wenn ich mir ansehe wie einer Frau ins Gesicht gewichst wird.“
“Let’s talk about porn, baby”
Dabei kann es in einer Beziehung sehr spannend sein, sich über Vorlieben auszutauschen, herauszufinden, was man selbst gerne ausprobieren möchte und was besser nur als Fantasie in der Videowelt weiterlebt. Welche Pornos könnte man eventuell gemeinsam entdecken oder wollte man vielleicht einen bestimmten Film schon immer mit Partner*in anschauen? Wenn man sich in eine lebhafte Pornodiskussion hineinsteigert, kann das durchaus dazu führen, dass man Ende selbst einen Porno drehen möchte. Weil es schließlich um Lust und Erregung geht, vielleicht sogar um Liebe (machen). Eigentlich doch wunderschöne Themen und Emotionen. Aber bevor wir hier landen; Wie fängt man denn nun diese Diskussion überhaupt an?
Ganz einfach mit der Frage: „Sag mal, schaust du (gerne) Pornos?“ Wenn man unsicher ist, wie die Partner*innen reagieren werden, oder Angst hat, dass sie sich auf den Prüfstand gestellt fühlen, hilft es kurz zu erläutern, woher das Interesse rührt. Beispielsweise kann man über die eigene Beziehung zu Pornografie sprechen, über das Interesse an den Vorlieben der Partner*in oder über den Wunsch sich gemeinsam etwas anzusehen.
Vor allem Männer haben Angst für ihren Pornografie-Konsum verurteilt zu werden, weil zu selten natürlich und offen mit den Themen Sex, Lust, Fetische, etc. umgegangen wird. Zusätzlich dazu existieren noch immer verhältnismäßig wenig pornografische Inhalte aus weiblicher oder queerer Perspektive, weshalb einiges an Mainstream-Pornografie eine Form von Sex zeigt, die nicht zwangsläufig in das eigene Sexleben übertragen werden will. Und wenn doch, bleibt dieser Wunsch hinter einer Wand aus Scham verborgen.
Gerade deshalb ist eine offene, aufrichtige und einladende Annäherung der beste Start für so ein Gespräch und wer weiß wo die Reise hingeht…
Liebe deine Lust
Grundsätzlich möchte ich jeden ermutigen in der eigenen Beziehung über Pornografie zu sprechen. Es ist ein wichtig. Alleine schon, um die Vielfalt der produzierten Filme zu erhöhen, das Thema Lust von Scham zu befreien und – egal was das Ergebnis der Diskussion ist – um ein erfüllteres Sexleben zu führen.
Zuletzt noch eine kurze Anmerkung: Falls man wirklich seinen eigenen kleinen Film drehen will und diesen nicht veröffentlichen möchte, sollte man sich vorher auf jeden Fall mit den möglichen Konsequenzen auseinandersetzen und eine klare Vereinbarung mit dem/der Partner*in schließen.