Wie entstehen Fetische

Beim Sex wird viel über Vorlieben und Fetische gesprochen. Aber was genau sind Fetische eigentlich und wie entstehen sie? Wir erklären euch die Hintergründe von Fetischen und ab wann ein Fetisch ein gesunder Fetisch ist.

Was ist eigentlich ein Fetisch?

Ein Fetisch ist eine Art intensives sexuelles Verlangen nach einem bestimmten Körperteil, einem Gegenstand, einem Kleidungsstück usw. Das Wort stammt aus dem lateinischen “facere”, dem französischen “fétiche” und dem portugiesischen “feitiço”. Ursprünglich wurde es in einem religiösen Sinn verwendet und bezeichnete einen magischen und heiligen Gegenstand. Dies geschah in Anlehnung an verschiedene westafrikanische Glaubenssysteme, die auf Animatismus (jeder Gegenstand ist lebendig) und Animismus (jeder Gegenstand ist beseelt) beruhen. Erst im 19. Jahrhundert wurde der Begriff durch den Psychologen Alfred Binet erstmals zur Beschreibung einer sexuellen Fixierung auf Objekte verwendet. Bis heute werden Fetische oft mit abnormen Vorlieben oder Quellen sexueller Erregung in Verbindung gebracht und dann als Paraphilie kategorisiert. In diesem Fall stuft die Weltgesundheitsorganisation Fetische als eine Störung der Sexualpräferenz ein. Es stimmt, dass Fetische ungesund sein können, wenn sie notwendig sind, um sexuelle Erregung zu erzeugen oder wenn sie einen Suchtcharakter haben. Ein gesunder Fetisch ist jedoch nichts anderes als eine sexuelle Vorliebe/Praxis (wenn sie einvernehmlich ist), die man allein und/oder mit anderen genießen kann. 

Was ist Fetischisierung und Exotismus?

Gesunde Fetische können zu großartigen sexuellen Interaktionen führen. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die Fetischisierung von Minderheiten aufgrund ihres Aussehens usw. sie entmenschlicht und verschiedene Arten von Diskriminierung reproduziert. Aussagen wie “Ich möchte unbedingt mit einer Asiatin schlafen” oder “Ich gehe nur mit schwarzen Männern aus” sind inakzeptabel. Sie exotisieren die Menschen. Das bedeutet, dass Menschen auf rassistische Stereotypen reduziert werden, als Experiment oder abenteuerliche Erfahrung betrachtet werden statt als Individuums oder als eine gleichberechtigte Person. Die Wurzeln dieser Art von Fetischisierung/Exotisierung beruhen auf rassistischen Theorien über Körperlichkeit, (Hyper-)Sexualität und die Wahrnehmung von BIPoC. Diese werden auch heute noch in den Mainstream-Medien etc. entsprechend dargestellt, leider auch noch häufig in der Mainstream-Pornografie. Die Bewegung #iamnotyourfetish richtet sich an die Menschen, die sich an rassistischen Dating-Praktiken beteiligen und zieht eine klare Grenze zwischen Vorliebe und Vorurteil. Viele Minderheiten, darunter mehrgewichtige Menschen (insbesondere Menschen mit weiblichen Merkmalen), Menschen mit Behinderungen und LGBTQI+-Menschen, leiden unter Fetischisierung und Exotisierung. Daher ist es wichtig, über sich selbst nachzudenken und zu erkennen, ob man negative Stereotypen reproduziert oder Fetische hat, die einen selbst und Partner:innen als gleichberechtigte Individuen genießen können. 

Häufige Fetische

Das Rätsel, was Menschen dazu bringt Fetische zu haben, ist noch nicht gelöst. Es gibt kaum finanzielle Mittel und Forschung in diesem Bereich und so gibt es nur eine Handvoll von Theorien über die Ursachen von Fetischen.  Hier sind die gängigsten Theorien aus verschiedenen Epochen.

Historische Grundlagen:

Assoziationen

1887 glaubte Alfred Binet, dass Fetische durch Assoziationen, die man zwischen sexuelle Handlungen und Objekten herstellt, entstehen. Wenn man z. B. bei einem sexuellen Akt einen Schuh sieht, würden Schuhe später Erregung hervorrufen, weil sie mit Sex assoziiert werden. Diese Theorie wurde dann 1912 von Kraft Ebbing weiter ausgearbeitet. Er war der Meinung,dass diese Theorie keine Antwort darauf gibt, warum einige Objekte mit Sex assoziiert werden und andere nicht oder warum manche Assoziationen so intensiv und ausdauern sind. Er kam schließlich zu dem Entschluss, dass etwas Abnormales zu dieser Überempfindlichkeit führen muss.

Symbolismus

 In den frühen 1900er Jahren kam Havelock Ellis auf die Idee, dass Fetische in der frühen Kindheit entstehen und zwar  dann, wenn wir  unsere eigenen Körper erkunden. Bestimmte Körperteile würden dann später im Leben sexuelle Handlungen symbolisieren, was die Konzentration auf diese Körperteile erkläre. Diese Theorie war sehr revolutionär und heftig umstritten, da kleine Kinder zu diesem Zeitpunkt eigentlich noch nicht mit der Erforschung ihres eigenen Körpers in Verbindung gebracht wurden.

Kastrationsangst

Freud glaubte, (wenig überraschend), dass die Antwort in der Kindheit zu suchen ist. Demnach sind die Objekte, zu denen Menschen einen Fetisch haben, mit einer unbewussten sexuellen Fantasie aus der Kindheit verbunden. Seine Theorie folgte der sexistischen Vorstellung, dass es nur ein Geschlecht gibt. Die Angst davor, dass die Mutter des Kindes keinen Penis hat und dass sie möglicherweise auch ihren verlieren könnte, diese unbewusste Fantasie und die sexuelle Erregung durch Objekte im späteren Leben verursacht.

Gesunde Anziehung

1920 versuchte Hirschfeld zu erklären, warum Männer anfälliger für Fetische sind. Er glaubte, dass die Anziehung zu verschiedenen Körperteilen stark von der positiven Darstellung dieser Teile beeinflusst wird. Zum Beispiel lange Beine bei Frauen usw. Hirschfeld erklärte, dass es sich um einen gesunden Fetisch handele, solange es sich nur um Vorlieben handele; wenn die Körperteile jedoch zu einem zwanghaften Teil der sexuellen Handlungen würden, sei dies ungesund.

Moderne Theorien:

Übergangsobjekt

In den 1950er Jahren befassten sich einige Forscher mit dem psychoanalytischen Hintergrund von Fetischen. Sie glaubten, dass Objekte, die mit der eigenen Identität in Übergangsphasen assoziiert werden, eine Persönlichkeitsstörung hervorrufen, die dazu führt, dass bestimmte Objekte fetischisiert werden. So wurden beispielsweise Kuscheltiere mit der Mutter und der Sicherheit assoziiert. Wenn Kinder zu Teenagern wurden, hielten sie an diesem Gefühl der Sicherheit fest, indem sie es als sexuellen Signifikanten verwendeten. 

Superstimulus

Diese ebenfalls in den 1950er Jahren entwickelte Theorie besagt, dass positive Reize, die mit Anziehung verbunden sind, wie z. B. glänzendes Haar, auf alle glänzenden Objekte verallgemeinert werden und einen Fetisch hervorrufen. Während dies Latexfetische usw. erklären würde, können andere Fetische nicht durch dieses Konzept erklärt werden. 

'Preparedness Theory'

1971 glaubte Seligmann, dass die Entstehung von Fetischen mit der biologischen Evolution zu tun hat. Wenn etwas mit der Fähigkeit zur Fortpflanzung in Verbindung gebracht wird, wird es zu einem positiven Objekt im natürlichen Selektionsprozess. Dies würde jedoch nicht die Vielfalt der Fetische erklären und warum Objekte wie Schuhe diese auslösen können.

Neurologische Konzepte

1998 stellte Ramachandran fest, dass der Bereich im Gehirn, der für die Sinne in den Füßen zuständig ist, direkt neben dem Bereich für sexuelle Stimulation liegt. Dies könnte erklären, warum Fußfetische so weit verbreitet sind.

Behaviorismus

 Diese Theorie verbindet die Assoziationen von Binet mit der klassischen Konditionierung. Das heißt, wenn eine sexuelle Assoziation erzeugt und wiederholt wird, erklärt dies, warum Fetische so tief in das Sexualverhalten der Menschen eingegraben sind. Im Jahr 2004 ließen Forscher die Teilnehmer eines Experiments eher zu einer Puppe als zu einem Menschen masturbieren und diese Konditionierung führte am Ende zu einer Fetischisierung der Puppe.

Insgesamt...

Während sich einige der Theorien in bestimmten Zusammenhängen als sinnvoll erwiesen haben, wird es wohl noch eine Weile dauern, bis eine Theorie entwickelt und bewiesen wird, die die Komplexität von Fetischen versteht. Bis dahin viel Spaß mit Euren Fetischen!

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